DUFF MCKAGAN . LIGHTHOUSE: LIVE FROM LONDON

Für mich war Duff McKagan immer der beeindruckendste Musiker aus dem Umfeld von Guns N‘ Roses. Und als Mensch ein Kämpfer, Macher, Überlebender – Respekt! Als 1993 sein Solo-Debüt ,Believe In Me‘ erschien, war ich absolut begeistert von diesen rockenden Songs, alle intelligent gemacht, großartig produziert und spannend interpretiert. Der Mann am Bass, und jetzt auch an diversen Gitarren und am Mikrofon: Michael Andrew „Duff“ McKagan (* 1964). Der hatte bis dahin mit seiner Haupt-Band die Alben ,Appetite for Destruction‘ (1987), ,G N‘ R Lies‘ (1988), ,Use Your Illusion I & II‘ (1991) und ,The Spaghetti Incident?‘ (1993) veröffentlicht – also die Musik, von der der Mythos GN’R bis heute lebt. Ganz zu Anfang seiner Karriere war Duff McKagan übrigens auch mal Drummer einer Hardcore-Band. Ein Talent.

Auf der anderen Seite standen die Drogen, die immer dabei waren. Am 10. Mai 1994, Duff war 30 Jahre alt, war sein Leben fast beendet. Er war Schwerstalkoholiker und seine Bauchspeicheldrüse stand kurz vor dem Kollaps. Einen Monat später wäre er tot gewesen, meinten seine Ärzte. Er hatte schon mehrfach versucht, seine Alkoholabhängigkeit zu überwinden, diesmal schaffte er es. Entzug, Sport und Fortbildungen sowie ein Studium in Wirtschaftswissenschaften bestimmten sein neues Leben. Später gründete er das Unternehmen Meridian Rock, um auch andere Künstler in Finanz-Angelegenheiten zu beraten. Seine Musik war ihm aber dabei aber immer geblieben.

Da bei Guns N‘ Roses irgendwann nicht mehr viel lief, gründete McKagan 1995 die Neurotic Outsiders – mit Steve Jones von The Sex Pistols, John Taylor von Duran Duran und GN’R-Drummer Matt Sorum prominent besetzt. 1997 verließ Duff dann offiziell die angeschlagene Kult-Band, weitere Solo-Alben kamen aber erst mal nicht zustande. Eigentlich hatte er zwar bereits 1999 mit ,Beautiful Disease‘ ein neues Werk am Start, dessen Veröffentlichung aber durch Rechtsstreitigkeiten zwischen Geffen Records und Interscope Records verhindert wurde. Erst zwei Dekaden später ging es weiter mit ,Tenderness‘ (2019) und ,Lighthouse‘ (2023), beides weitere großartige Solowerke von Duff McKagan.

Davor war er allerdings nicht untätig: Zwischen 2002 und 2008 hatte Duff Bass bei Velvet Revolver gespielt, einer Band mit seinen alten Kollegen Slash und Matt Sorum. Er tauchte zwischendurch auch mal bei Alice in Chains auf, dann 2010 bei Jane’s Addiction und 2016 u.a. als Live-Bassist der Supergroup Hollywood Vampires. Duff McKagan war immer aktiv, unterstützte Slash und Izzy Stradlin bei ihren Solo-Produktionen, spielte auf einem Album von Macy Gray mit und bei den Manic Street Preachers, dann bei Ozzy Osbourne, Jerry Cantrell und Iggy Pop. Ein Music Maniac im besten Sinne. Überraschend für viele Fans und Mitfühlende war, dass er nach fast 20 Jahren, gemeinsam mit dem ebenfalls gesundeten Gitarristen Slash, 2016 wieder bei Guns N‘ Roses einstieg, mit denen er bis heute tourt. Das scheint zu funktionieren.

Und jetzt hat Duff McKagan wieder ein großartiges eigenes Album veröffentlicht: ,Lighthouse: Live From London‘ wurde am 5. Oktober 2024 aufgenommen und liefert Songs aus seiner gesamten Karriere, darunter , Forgiveness‘, ,I Saw God on 10th St.‘, ,Lighthouse‘, ,Chip Away‘ und ein paar Cover-Nummern. Rührend ist der Gastauftritt von Sex-Pistols-Gitarrist Steve Jones, der gemeinsam mit McKagan Johnny Thunders‘ ,Can’t Put Your Arms Around A Memory‘ spielt – und dann auch noch David Bowies ,Heroes‘. Und das sehr, sehr überzeugend.

Vom ersten bis zum letzten Ton ist dieser Live-Mitschnitt ein Erlebnis – übrigens auch visuell: Denn der CD im opulenten Digipak mit Foto-Booklet liegt auch noch eine Blu-ray bei, mit allen 19 Tracks des Albums, eingefangen in wirklich schönen, atmosphärischen Bildern. Dass der Sound nur im PCM-Stereo-Format zur Verfügung steht, passt zu diesem Musiker: Druck und Präsenz sind ihm wichtiger als ein 5.1- oder Dolby-Atmos-Mix, der schon bei vielen anderen Live-Aufnahmen oft wenig bereichernd war. Hier, bei ,Lighthouse: Live From London‘, stehst du mit deinen beiden Ohren ganz vorne vor der Bühne, und diese Band rockt! Eine wirklich packende und perfekt eingespielte Band: Gitarrist Tim DiJulio überzeugt immer wieder mit wunderbaren Vintage-Sounds und schönen Effekten, ganz egal ob er begleitet oder soliert; auch Keyboarder Jeff Fielder greift gelegentlich zur Gitarre und Mike Squires Bass und Drummer Michael Musburgers Grooves tragen diese Formation, die zwischen straightem Rock, deftigem Punk und countryesken Momenten immer überzeugt.

Der Mann am Mikrofon, meist mit einer Akustikgitarre vor dem nicht vorhandenen Bauch, heißt Duff McKagan und hat eine unglaubliche Präsenz. Ich könnte jetzt hier Song für Song durchgehen und jeden einzelnen Track bejubeln … Nur so viel: Auch nach dem vierten Hören dieses Albums ist es immer noch und immer wieder ein Erlebnis. Diese Rock-Musik ist straight, handgemacht, berührend, echt. Und Duff McKagan kann nicht anders, da bin ich mir sicher. Ja, er und Steve Jones dürfen auch Bowies Meisterwerk ,Heroes‘ spielen, denn sie sind schon länger als nur einen Tag ganz schön coole und absolut bodenständige Helden.

Duff McKagan und sein Gitarrist Joie Mastrokalos am 18. Oktober 1993 in einer Dortmunder Hotel-Badewanne. © Lothar Trampert

Ich habe Duff McKagan in den 80ern mit Guns N‘ Roses live gesehen, ihn zu seinem Debüt ,Believe in Me‘ interviewt und danach als Support der Scorpions erlebt, ihn immer weiter verfolgt, live und auf seinen Alben. Und ich liebe ihn und seine Musik immer mehr. Vielleicht auch, weil er so ein sympathischer Kämpfer und Überlebender ist.

Und wenn ich ,Tenderness‘ höre, muss ich an meinen Kollegen und Freund Arnd Müller denken, der Duff McKagan 2024 zum ,Lighthouse‘-Album interviewte. Wir hatten uns vorher noch mal lange über seine Musik unterhalten, und ich wollte nicht glauben, dass mein Interview mit Duff vom 18. Oktober 1993 in einem Dortmunder Hotel schon über 30 Jahre her sein sollte. Arnd hätte dieses berührende neue Live-Album sicher gefallen, denn er war Fan von guten Songs und packenden Rock-Gitarren. Vielleicht hört er es ja.

Duff McKagans ,Lighthouse. Live From London‘ ist ein absolut packender Konzertmitschnitt mit großartigen Songs. 🤘

Arnd Müller *18.03.1970 + 22.06.2025

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