100: Joachim-Ernst Berendt hat Geburtstag

Joachim-Ernst Berendt zum 100.

* 22. Juli 1922 in Berlin-Weißensee
† 04. Februar 2000 in Hamburg

Er war Radio-Redakteur, Moderator, Buch-Autor, Konzertveranstalter, Plattenproduzent und er brachte nach 1945 den Jazz zurück in das kulturelle Leben des neuen, demokratischen Mitteleuropa. Joachim-Ernst Berendt.

Joachim-Ernst Berendts journalistische Leistungen und seine Arbeit als Produzent beim Südwestfunk waren einzigartig. Ich glaube auch, dass kaum ein anderer Autor es geschafft hat, Jazz so gut zu erklären und Menschen nahe zu bringen. Natürlich hatte er eine ganz eigene Sicht auf die Materie, die aber immer klar erkennbar war, und bei der ich früher nie den Eindruck hatte, dass er sie als absolute Wahrheit kommuniziert hat. Durch sein Standardwerk “Jazz-Buch” und viele Radiosendungen in den 1970er-Jahren, habe ich so etwas wie die Landkarte des Jazz gelernt, mit der ich mich dann irgendwann weiter bewegen konnte. Und genau da sehe ich seine Relevanz, im mehr oder weniger musikpädagogischen Bereich.

Mit Berendts späteren, mir zu esoterischen Ausführungen, wurde er mir fremd. Das gilt auch für die wirklich abstrusen Fantasien über musikalische Schönheit und Faschismus, die er 1976 im Magazin “Jazzpodium” veröffentlichte, später noch mal leicht verändert in seinem Buch “Ein Fenster aus Jazz” als “Die neue Faschistoidität in Jazz und Rock und überall”. Dieses Buch las ich mit 18 Jahren und konnte mit einigen Kapiteln gar nichts mehr anfangen.

Vielleicht habe ich seine dogmatischen Ansätze und Tendenzen nicht an mich rangelassen – mir einfach nur das aus seinen Angeboten genommen, was mir gefiel. Denn er war für mich letztendlich ein Medium. Durch Berendt habe ich jedenfalls die Freiheit in der Musik entdeckt und die tiefe Begeisterung – und die wollte ich mir auch von ihm nicht mehr nehmen lassen. Bei bzw. nach “Nada Brahma – Die Welt ist Klang” (1983) war ich raus – und orientierte mich weiter bei Ekkehard Jost (Sozialgeschichte des Jazz in den USA. Fischer, Frankfurt am Main 1982). Da wurde es wieder bodenständig spannend. Das gilt auch für Josts Buch “Free Jazz. Stilkritische Untersuchungen zum Jazz der 60er Jahre” (Schott, Mainz 1975) aber auch für den frühen Jazz-Buch-Klassiker aus unserer Schulbibliothek, “Jazz Aktuell” (Mainz: Schott, 1968).


Danke, Joachim-Ernst Berendt. Ich danke Ekkehard Jost, Amiri Baraka aka LeRoi Jones & “Blues People”, und ich danke sehr meinen Musiklehrer Günther Reis, der mir Peter Herbolzheimers ,My Kind Of Sunshine’ vorspielte. Danach liebte ich BigBands und ihre speziellen Walls of Sound.

Und aktuell vielen Dank an Michael Kuhlmann für das gelungene Deutschlandfunk-Radio-Feature “Pionier der deutschen Jazzpublizistik – Joachim-Ernst Berendt zum 100.”, das man hier nachhören kann.