SCO LOW

Homegrown Signature – John Scofields Ibanez AS200 als Remake. So hatte ich einen zwar kurzen, aber exzessiv bebilderten Artikel in Ausgabe 04/2015 des Musiker-Fachmagazins Gitarre & Bass überschrieben. Es ging um eine nicht mehr ganz originale Ibanez-Semiacoustic, die ich nach Fotos zu einem authentischen Signature-Modell des Meisters umstylte. Hier Auszüge aus dem Artikel:

“Bei John Scofield ist vieles anders, als bei anderen Jazz-Kindern: Nicht nur, dass dieser Gitarrist sich klanglich und spielerisch sehr gerne bei Blues, Rock und Funk bedient, er hat gelegentlich sogar eine Telecaster im Gepäck. Legendär ist allerdings seine Ibanez AS200 aus dem Jahr 1981, die Scofield seit ca. 30 Jahren spielt, nachdem er in den 70ern und frühen 80ern noch meist mit einer Gibson ES-335 auf der Bühne stand. Und kein anderes Ibanez-Modell war bisher so lange ohne Unterbrechung im Progamm des japanischen Herstellers. John hat zwar 2001 auch noch ein eigenes Signature-Modell von Ibanez bekommen, die JSM100, aber diese Gitarre, die sich an seiner AS-200 orientiert, spielt er nicht. Er hat ja auch das Original zu Hause. Mittlerweile gibt es auch noch eine JSM10, die mit gut 1000 Euro weniger als die Hälfte der JSM100 kostet; sie verfügt auch wieder über den zusätzlichen TriSound-Minischalter der AS200 (und des Vorläufers 2630), der bei der JSM100 fehlte und kommt im Ganzen der von Scofield gespielten Gitarre auch optisch sehr viel näher als die etwas barocke Signature. Im Internet geistert auch noch eine JSM200 herum, deren reale Existenz bisher allerdings nicht bewiesen werden konnte. Der Intelligence-Service des deutschen Ibanez-Vertriebs Meinl hat von diesem Modell jedenfalls noch nie gehört.
Wir stellen hier eine weitere Kopie des ScOriginals vor, die allerdings wesentlich authentischer ist. Und absolut unverkäuflich! (OK, alles hat seinen Preis … ;-)”

Irgendwann ist auch diese Gitarre von mir gegangen. Da ich sie dann doch sehr vermisste und eine weitere behandlungsbedürftige AS200 meinen Weg kreuzte, entstand das jetzt hier zu sehende Modell. Einige Modifikationsschritte sind identisch mit den weiter oben beschriebenen:
Das inzwischen zerbröselte originale Celluloid- Pickguard wurde durch ein Standard-ES-Typ- Schlagbrett ersetzt. Während Johns Gitarre durch einen Kabelunfall lädiert wurde und die ausgebrochene Buchse eine Metallbasis als Fixierung bekam, ist unser Remake eigentlich noch unversehrt. Das Telecaster-Buchsenblech bekam sie trotzdem, und die vier Bohrlöcher ins Deckenholz sind ein schmerzhaftes Dankeschön an mein großes Vorbild – musikalisch wie frisurentechnisch. Dieses neu Scofield- Remake von 1980 ist ein knappes Jahr älter als das Original des Meisters. Ein Vorbesitzer hatte anscheinend mal am Hals rumgekratzt. Oder ist da ein Spannungsriss im Lack entstanden? Er stört nicht. Das Pfandsiegel der Deutschen Bundespost belegt, dass dieses Instrument am 30. Juli 1984 mal Geld ranschaffen musste. Unglaublich – da war die Gitarre gerade mal vier Jahre alt. Für sachdienliche Hinweise zum temporär anscheinend klammen Vorbesitzer wenden Sie sich bitte an unser Aufnahmestudio oder die örtliche Musikerpolizeidienststelle. Der oder das Gesuchte könnte aus dem Frankfurter Raum stammen und in Künstlerkreisen verkehrt haben. (( Ich grüße in dem Zusammenhang Eduard & Sabine Zimmermann, nicht zu vergessen Peter Nidetzky, Werner Vetterli und Konrad Toenz. Danke auch an Heinz Kiessling für die Titelmusik von Aktenzeichen XY Ungelöst. ))

Schon bevor es sein Signature-Model JSM gab, war Scofield Werbeträger für Ibanez und die AS200.
Wie bei Johns Original war auch bei dem Remake irgendwann eine Neubundierung nötig, bei der das Fret-Edge-Binding auf der Strecke blieb. Die Ibanez-Sure-Grip- Reglerknöpfe mit dem nach Jahren oft ausgeleierten Gummiring wurden durch Zylinder-Knobs ersetzt. Der TriSound-Schalter ist bei Scofields AS200 chromfarben und nicht mehr das schwarze Original; er hatte den Switch zeitweise stillgelegt. John Scofield spielte auf seiner Hauptgitarre übrigens anfangs sehr fette Drähte: .013, .016, .022, .032, .042, .052. Heute hat er die Stärken .011, .014, .019 (plain!), .030, .039 und .049 im Einsatz. Weitere Details zum Thema verrät er auf seiner schönen Website.
Die AS200 war, ist und bleibt eine wunderbare E-Gitarre, so wie auch ihr direkter Vorläufer, die sehr rare Ibanez Artist 2630. Noch ein Tipp: Wer sich nach Lesen dieses Beitrags angefixt und ultrageil auf die Suche begibt, sollte das mit verschiedenen Schreibweisen tun, da die Bezeichnung der Gitarre auch vom Hersteller flexibel gehandhabt wurde. AS200, AS 200 und AS-200 oder auch AS – 200 sind verbreitet. Viel Erfolg!

Das Foto im Hintergrund entstand bei einem Interview mit dem von Jetlag und Proben mit der HR-BigBand sehr müden John Scofield, am 04. Januar 2002 in einem Frankfurter Hotel. Ich blieb anschließend im Aufzug stecken und verpasste meinen Zug. Es war nicht unser Tag.

IBANEZ AS200
Made in Japan 1980
Serial # J805113
Antique Violin Finish
Super Super 58 Pickups
Grover Tuner, Gibson Pickguard
& Knobs, Sco Tele Socket

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