AFRICA

 

 

  

TAMIKREST: TAMOTAIT

Die Musiker kommen aus den Grenzregionen von Mali, Niger und Algerien – sie sind Touareg. Ihre Band Tamikrest wurde 2006 gegründet und verbindet die Musik der nordafrikanischen Regionen mit Rock und Blues-Elementen. Geprägt wird der Tamikrest-Sound vom Singer/Songwriter & Gitarristen Ousmane Ag Mossa, weitere feste Mitglieder sind Perkussionist Aghaly Ag Mohamedine und Bassist Cheik Ag Tiglia, die alle mittlerweile in Frankreich bzw. in Algerien im Exil leben. Mit den beiden Franzosen Paul Salvagnac (g) und Nicolas Grupp (dr) als weiteren Band-Musikern ist der hypnotische Wüsten-Blues-Rock hier und da noch etwas psychedelischer geworden. In manchen konventionelleren Song-Momenten rechnet man dagegen aber auch mal ganz fest mit der Stimme von Mark Knopfler. Die kommt hier nicht um die Ecke, dafür aber die der marokkanischen Kollegin Hindi Zahra, außerdem waren auch traditionelle japanische Musiker, die Tamikrest auf einer Fernost-Tour kennenlernten, Gäste dieser Produktion. Hauptanliegen der Musiker: Ende des menschenverachtenden militärischen Terrors der Islamisten im Norden Malis, Rückkehr in ihre Heimatregionen, Frieden, Leben … Eine wichtige und musikalisch beeindruckende Gitarren-Band mit eigenständigem Sound. Mehr unter http://www.tamikrest.net lt 

 

 

 

 PAT THOMAS & KWASHIBU AREA BAND: OBIAA!

Und noch mal Highlife-Musik, allerdings von einem Musiker im Exil: In den frühen 80er-Jahren lebte Sänger Pat Thomas (*1946), ursprünglich aus Ghana, in Berlin. Und da mischte sich einiges, und es entstand der „Burger Highlife“, ein Mix aus afrikanischer Popmusik, Disko und Funk. Das Wort „Burger“ leitete sich aber nicht von der US-Bulette ab sondern vom deutschen Bürger. Der so modernisierte Afrobeat klingt für meine Ohren hier aber immer noch sehr authentisch, wobei es ja auch auf dem afrikanischen Kontinent schon seit den späten 50er-Jahren immer Musiker gab, die kulturelle Eigenarten der westlichen kolonialen Besatzer übernahmen – Funk, Soul, Reggae, Jazz und Disco waren eigentlich immer Zutaten vieler Afrobeat-Produktionen. Fette Bläsersätze, deepe Basslines und scharfe Rhythmen charakterisieren diese Musik – und natürlich die coolen Highlife-E-Gitarren, die hier von Bandleader Kwame Yeboah und noch zwei weiteren Gitarristen gespielt wurden. Tolle Musik! lt 

 

 

 

 AFRODYSSEY ORCHESTRA: UNDER THE SUN

Diese Formation aus Athen besteht aus sechs Musikern, die seit Anfang 2013 zusammenarbeiten. Westafrikanische Rhythmen, Jazz-Improvisationen, Funk-Grooves und Bass-Lines u.v.m. begegnen sich hier, und die neue Musik, die daraus entsteht ist wirklich unberechenbar und unverkrampft. Mal klingt’s folkloristisch, dann krautig, psychedelisch oder extrem perkussiv. Das Afrodyssey Orchestra besteht aus Konstantinos Arvanitis (g), Vassilios Ikonomidis (perc, ts, kb, Balafon), Christos Konstantinidis (dr), Vasilis Papastamopoulos (b), Narayan Protin (perc, Djembe, Kamelen Ngoni) und Thodoris Rellos (ts, ss) – alles Gute Instrumentalisten, die eine Menge Spaß zu haben scheinen. Gut gelaunte Jams! lt

 

 

   

GYEDU-BLAY AMBOLLEY: 11TH STREET, SEKONDI

Sänger Gyedu-Blay Ambolley (72) kommt aus Ghana und hat angeblich schon 30 Alben veröffentlicht. Sein Highlife-Sound klingt etwas anders als gewohnt, denn sein Gesang, der an den jungen Barry White erinnert, hat aus technischen Gründen nah am Rap gebaut – Stefan Franzen von der „Badische Zeitung“ schrieb kürzlich: „Über ein gesundes Selbstbewusstsein hat der Ghanaer Gyedu-Blay Ambolley (sprich: Dschedubleh Ámbole) stets verfügt: Er rühmt sich selbst, der erste Rapper überhaupt zu sein, und ja, wenn man so will, finden sich auf einem frühen Album von Anfang der 1970er Rap-artige Passagen.“ Ebenso hört man hier und da ein paar Isaac-Hayes-Momente und Rhythmus-Gitarristen, die durchaus schon mal Funk & Jazz gehört haben. Resultat ist eine etwas angezogene Highlife-Variante, mit teils schrägem Humor und einem eigenwilligen Stilmix. Entdecken! lt

 

 

   

EBO TAYLOR: PALAVER

Die jetzt veröffentlichten Aufnahmen des 1936 geborenen ghanaischen Sängers und Gitarristen Ebo Taylor entstanden bereits 1980, während einer Tour durch Nigeria. Die Bänder hatten überlebt, und die knapp 30 Minuten langen fünf Tracks sind wirklich tolle Dokumente westafrikanischer Highlife-Music. Die ganz eigene, charakteristische Art des E-Gitarren-Pickings, die verspielten, swingenden Grooves und die funky-jazzige Grundstimmung dieser Musik ist einfach großartig. Ebo Taylors Band dieser Phase groovte unglaublich, verfügte über einen fetten Bläsersatz und ging gewaltig ab. Sehr interessanter Rhythmus-Gitarrist und Songwriter. Die CD kommt in einem sehr schön gemachten DigiPak, Vinyl ist ebenfalls erhältlich. lt

 

 

   

BIBI AHMED: ADGHAH

Der Sänger & Gitarrist Bibi Ahmed ist u.a. Bandleader von Group Inerane. Der aus Agadez im Niger stammende Musiker ist auf dem vorliegenden Album allerdings solo zu hören, wobei er mehrerer Instrumente im Studio gespielt und aufgenommen hat. Sahara-Rock oder Touareg-Blues wird diese Musik vom südlichen Rand der Sahara oft genannt – und hört man sich archaische Aufnahmen von Son House oder John Lee Hooker an, dann zeigen sich Parallelen. Harmonik und Melodik sind hier stark von der nordafrikanischen, arabischen Musik geprägt, und je länger man die hypnotischen Songs von Bibi Ahmed auf sich wirken lässt, um so klarer wird, wie stark die nach Amerika entführten und dort verkauften Menschen die heutige afroamerikanische Musikkultur geprägt haben. Touareg-Musik, Blues, Jazz, Soul, Funk, R&B … Musiker wie Bibi Ahmed und Bands wie Inerane, Imarhan, Tamikrest und Tinariwen zeigen uns, wo alles anfing. Dieses Solo-Debüt-Album wurde im Februar 2019 im Frankfurter Lotte Lindenberg Studio aufgenommen. Es transportiert wunderbare Musik und eine ganz eigenwillige, roughe Art, E-Gitarre zu spielen – die gelegentlich gar nicht so weit von Velvet Underground oder Sonic Youth entfernt zu sein scheint. Schönes DigiPak! lt

 

 

   

MAMADOU DIABATE & PERCUSSION MANIA: NAKAN

Mamadou Diabate stammt aus Burkina Faso, Westafrika, und seine beiden Instrumente sind das Balafon (eine Art Xylophon mit Kalebassen als Resonatoren) und die Ngoni (eine Spießlaute aus Mali, deren eine bis sieben Saiten gezupft werden). Mit seiner Formation Percussion Mania spielt er mittlerweile weltweit Konzerte, gewann diverse Preise und gemeinsam haben sie inzwischen vier CDs veröffentlicht. Diabates Musik ist von der rhythmischen und harmonischen Grundlage her westafrikanisch, was aber immer wieder durchbrochen wird von santanaesken Gitarren-Licks und den oft sehr eigenwilligen, modernen Bass-Lines von Sylvain Dande-Pare, die in manchen Tracks fast wie eine tiefe Trommel klingen. Absolut inspirierende Musik, die die sechsköpfige Percussion Mania da abliefert, gemeinsam mit vier Gastmusikern. Der aus Österreich stammende Klassik- und Jazz-Gitarrist Klaus Ambrosch hat Mamadou Diabate in einer Fusion-Band namens Yukah kennengelernt, bei einem gemeinsamen Projekt mit Hubert von Goisern. Er ist seit zwei Jahren bei Percussion Mania, und seine absolut „westlichen“, mal angezerrten, mal mit dezentem Chorus verfeinerten Strat- und weitere Gitarren-Sounds (Fernandes-Strat, Suhr-Strat, Fender Tele, theFrame Modern Classic von Frank Krocker) sind so etwas wie die zweite Sonne, die beim Hören der Musik aufgeht. Zu Ambroschs Vorbildern gehören Jimi Hendrix, Jimmy Page, Santana, Wes Montgomery, Pat Metheny, Bill Frisell und Scott Henderson – und die Reibung seiner Musikwelt mit der des Balafonspielers aus Burkina Faso ist erfrischend. Hier wird ein feines Gericht serviert, bei dem man alle Zutaten rausschmeckt und die Köche respektvoll voneinander profitieren. Wunderbare Musik! lt