SHIRLEY TETTEH

 

 

SHIRLEY TETTEH: COOL & FUNKY

Bei einigen Veröffentlichungen der letzten Zeit ist mir eine ganz besondere Musikerin aufgefallen: Shirley Tetteh ist Gitarristin, spielt in diversen Formationen und klingt immer extrem funky und jazzig zugleich, wenn sie mit warmem Archtop-Sound Solisten unterstützt oder selbst mit modern boppenden Lines Gas gibt oder in akkordischen Soli und Arpeggios auch mal nach Highlife-Power-Punk klingen kann. Aber immer unaufdringlich, unangeberisch, präzise und lebendig. Diese Art von zurückgenommenem HiEnergy-Input, von cool und hot zugleich, ist in dieser Ausprägung selten bei Gitarristen. Die 30jährige Musikerin lebt und arbeitet in der Londoner Musik-Szene und hat bisher mit Jazz-Formationen wie Tomorrow’s Warriors, Jazz Jamaica, Groundation, Marc Bennett Quintet, Seed Ensemble, der Trompeterin Yazz Ahmed sowie den beiden großartigen Bands Nérija und Maisha gearbeitet.

Neben der Musik ihrer aus Ghana stammenden Eltern, Radio-Pop, Garage-Rock und Bluegrass nannte Shirley in einem Interview noch einen weiteren, eher nicht erwarteten Einfluss: „Ich hatte eine sehr starke Steve-Lukather-Phase. Er spielte diese verrückten Whammy-Sachen, bei denen er wie ein Slide-Gitarrist klang. Steve hatte immer coole Tricks auf Lager und eine absolut wahnsinnige Technik. Ich mag auch Jeff Beck, Jimmy Page – wie wir alle – aber ich liebe vor allem Allan Holdsworth. Er spielte unglaublich, insbesondere auf dem Album ,Secrets‘ (1989).

Spätestens mit ,Blume‘ von Nérija sind 2019 einige Jazz-Fans auf Shirley Tetteh aufmerksam geworden. Die Musik der bläserlastigen Band – Nubya Garcia (ts), Sheila Maurice-Grey (tp), Cassie Kinoshi (as), Rosie Turton (tb), Shirley Tetteh (g), Lizy Exell (dr) and Rio Kai (b) – baut sehr stark auf ihren kontrastierenden Licks, Chords, Riffs und eigenwilligen Soli auf. Immer mit cleanem, warmem Ton – und immer hot.

Die Band Nérija veröffentlicht, wie auch einige andere von Shirley Tettehs Projekten, auf bandcamp.com. Dort findet man, neben ihrem wieder ganz anders klingenden Soloprojekt Nardeydey, mit eigenen Songs, auch ihre opulent besetzte Formation Maisha – Jake Long (dr), Nubya Garcia (sax/fl), Amané Suganami (p), Twm Dylan (b), Tim Doyle & Yahael Camara-Onono (perc) – die ihre orchestral angelegte, teils hypnotische Musik als „spiritual jazz“ bezeichnen. Maishas Debüt-Album ,There Is A Place (2018) ist ein spannender Mix aus Jazz, Afro-Beat, diversen ethnischen Musikzutaten, Funk und Soul.

In etwas veränderter Besetzung – Jake Long (dr), Shirley Tetteh (g), Al MacSween (kb), Twm Dylan (b), Axel Kaner-Lidstrom (tp), Tim Doyle (perc) – haben Maisha jetzt ein Album mit dem legendären Jazz-Saxophonisten Gary Bartz (as/ss) eingespielt, und diese Formation um den ehemaligen Mitmusiker von Charles Mingus, Max Roach und den elektrifizierten Miles Davis ist einfach nur spannend, soulig, funky, intensiv. Besonders zu empfehlen ist die fantastisch klingende Vinyl-Ausgabe von ,Gary Bartz & Maisha: Night Dreamer Direct-To-Disc Sessions‘ (2020), mit tollem Artwork und vielen Fotos. Wer die Gitarristin Shirley Tetteh entdecken möchte, sollte genau damit anfangen. Und weiter geht’s dann mit: Maisha: There Is A Place (2018), Nérija: Blume (2019), Nardeydey: Nardeydey (2019) ... lt

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